Überprüfung einer Stausee-Grundablassleitung auf Wanddickenminderungen

Besondere Herausforderungen erfordern besondere Anstrengungen. So geschehen im österreichischen Teil der Allgäuer Alpen – genauer gesagt im Tannheimer Tal, einer einzigartigen Gebirgslandschaft in einem der wohl schönsten Hochtäler Europas. Bekanntlich kommt der Strom aus der Steckdose – was im Tannheimer Tal nicht anders ist. Im Detail stellt sich die Stromversorgung bzw. Stromerzeugung jedoch etwas anders dar als in anderen Regionen der Republik. Denn der Großteil des Strombedarfs der umliegenden Gemeinden wird über zwei Kleinwasserkraftwerke abgedeckt. Beide nutzen das natürliche Gefälle des Wassers und wandeln die daraus entstehende Energie in wertvollen Strom um.

Damit diese Art der Energiegewinnung auch zukünftig gewährleistet ist, wurde INSPECTOR SYSTEMS vom Betreiber der Kraftwerke, dem Elektrizitätswerk Schattwald, beauftragt, die Grundablassleitung eines der beiden Wasserkraftwerke auf Wanddickenminderungen hin zu überprüfen.

Ein funktionierender Grundablass ist für den sicheren Betrieb einer Talsperre oder eines Stausees von zentraler Bedeutung. Er dient dazu, den Wasserstand zu regulieren und eine kontrollierte Entleerung des Stauraums zu ermöglichen. Grundablassleitungen sind essenziell für die Wasserbewirtschaftung von Stauseen und werden bei Bedarf für Reparaturen, zur Aufrechterhaltung der Wasserqualität oder zur Anpassung an Niedrig- und Hochwasser eingesetzt.

Konkret handelte es sich um das 1964 gebaute Wasserkraftwerk Traualpsee. Ein Speicherkraftwerk mit der besonderen Eigenschaft, bei Bedarf die elektrische Leistung ohne lange Anlaufzeit innerhalb weniger Minuten zur Verfügung zu stellen. Somit kann der zusätzliche Strombedarf in Spitzenzeiten gedeckt oder der Ausfall anderer Stromerzeuger kurzfristig überbrückt werden. Das Triebwasser für das Speicherkraftwerk wird im Sommerhalbjahr durch Zufluss von Schmelzwasser im Stausee (Wasserspeicher) gespeichert, um schwerpunktmäßig im schneereichen, jedoch wasserarmen Winterhalbjahr elektrische Energie zu produzieren. Technisch betrachtet handelt es sich um ein Hochdruckkraftwerk, das den Höhenunterschied zwischen zwei Gebirgsseen nutzt. Vom auf 1.631 m über Meereshöhe gelegenen Traualpsee, in dem sich die zu inspizierende Grundablassleitung befindet, wird das Triebwasser abgeleitet und durchströmt die Druckrohre bergabwärts zu den Turbinen des am 1.165 m tief gelegenen Krafthauses am Vilsalpsee. Anschließend wird das Triebwasser nicht mit lautstarkem Getöse in den See geleitet, sondern unter Wasser eingeleitet, sodass es Menschen als nicht störend empfinden.

Da zum Ende des Winters der Wasservorrat fast aufgebraucht war und mit steigenden Temperaturen die Schneeschmelze einsetzt und in der Folge der Wasserpegel ansteigt, musste die Inspektion der Grundablassleitung noch vor dem Frühjahr stattfinden. Eine interessante und herausfordende Aufgabe. Herausforderung 1: Im Sommer gilt die Region als Wanderparadies, im Winter ist sie durch Schnee nur schwer zugänglich. Der Transport der kompletten Inspektionsausrüstung und des Personals konnte folglich nur mit dem Helikopter erfolgen – und das auch nur bei passenden Wetterbedingungen. Herausforderung 2: Die Inspektion musste an nur einem Tag durchgeführt und abgeschlossen sein.

Die Lösung für diese nicht alltäglichen Herausforderungen ermöglichte eine perfekte Vorbereitung und eine gut organisierte Durchführung. Mit tatkräftiger und kompetenter Unterstützung des Kunden wurde das komplette Equipment am Vortag der Inspektion im Tal aufgebaut und getestet. Am Folgetag ging es dann früh morgens mit dem Hubschrauber auf den Berg. Am Einsatzort angekommen, wurde die Ausrüstung oberhalb der Staumauer positioniert, und der Prüfroboter anschließend am tiefergelegenen Rohrauslass durch einen ausgebauten Absperrschieber in die Rohrleitung eingesetzt.

In eisiger Höhe: Ultraschall-Rohrroboter erklimmt die Alpen
In eisiger Höhe: Ultraschall-Rohrroboter erklimmt die Alpen
In eisiger Höhe: Ultraschall-Rohrroboter erklimmt die Alpen

Inspektionsroboter meistert Einsatz im Schnee

Besonderes Augenmerk galt den ansteigenden ersten 40 Metern der Stahlrohrleitung mit einem Innendurchmesser von 508 mm und einer Wanddicke von 6 mm. Um den Zustand der Leitung bestmöglich beurteilen zu können, sollte neben der Bestimmung der Wanddicke auch gleichzeitig eine visuelle Überprüfung stattfinden. Für den Rohrroboter und die Ultraschallmesstechnologie von INSPECTOR SYSTEMS kein Problem.

Zum Einsatz kam ein Ultraschall-Prüfroboter vom Typ IS 16–20“. Dieser fuhr nach dem Einbringen dank seiner Antriebselemente selbstständig mit konstanter Geschwindigkeit durch das Rohr aufwärts und führte gleichzeitig eine 100%ige Ultraschall-Wanddickenbestimmung durch. Die parallel zur Wanddickenmessung geforderte visuelle Inspektion erfolgte zusätzlich durch eine am Rohrroboter integrierte hochauflösende Dreh- und Schwenkkamera.

Die seit vielen Jahren im Einsatz und stetig weiterentwickelten Ultraschall-Prüfroboter von INSPECTOR SYSTEMS sind hoch technologisierte Prüfsysteme zur zerstörungsfreien Bestimmung von Wanddicken und Fehlstellen in anspruchsvollen oder schwer zugänglichen Rohrleitungen. Das Bindeglied zum Prüfmaterial ist ein in dieser Form einzigartiges Ultraschallmodul, dessen endlos rotierender Prüfkopf während der kontinuierlichen Rohrdurchfahrt die komplette Rohrinnenfläche entlang der Prüfstrecke abtastet.

Zudem wird durch ein speziell entwickeltes kardanisches Aufhängesystem sichergestellt, dass der von den Ultraschallköpfen erzeugte Schall optimal mit dem zu prüfenden Material gekoppelt wird. Zusätzlich besteht die Möglichkeit, dem Ultraschall-Prüfkopf von außen Wasser zuzuführen, um von externen Koppelmedien unabhängig zu sein – eine Befüllung der Rohrleitung während der Prüfung ist somit nicht erforderlich.

Die eingesetzte Ultraschall-Software ermöglicht eine optimale Visualisierung und Auswertung der Ultraschallsignale, inklusive Echtzeit-Darstellung der Volumenbilder während der Datenaufnahme.

Mit Bravour meisterte der Roboter die außergewöhnliche Aufgabe und trotzte den Widrigkeiten der Hochalpen. Das eingesetzte Modell stellte seinen hohen technischen Stand und insbesondere seine Robustheit unter Beweis. Die Ergebnisse waren durchweg sehr gut verwertbar und konnten zur weiteren Betrachtung des Gesamtprojekts beitragen.