Grauguss und Stahl - Die Magnet/Wirbelstrom-Prüftechnologie macht es möglich. Vor etwa 150 Jahren wurde in Europa die städtische Ver- und Entsorgungsstruktur für Gas-, Trinkwasser- und Abwasser beinahe ausschließlich mit Gussrohren aufgebaut.
Das Besondere daran: Ein wesentlicher Teil der heutigen Ver- und Entsorgungsnetze stammt noch aus jener Zeit. Mit dem technologischen Fortschritt hat sich das Gussrohrsystem entscheidend weiterentwickelt. Der Siegeszug des Gussrohrs vom damaligen Graugussrohr (Gusseisen mit Lamellengraphit) bis hin zum modernen duktilen Gussrohr (Gusseisen mit Kugelgraphit) spiegelt Industriegeschichte wieder, das wie kaum ein anderer Rohr-Werkstoff den belegbaren Beweis seiner Langlebigkeit angetreten hat. So auch in einer der ältesten Städte Bayerns, der Stadt Neuburg an der Donau. Neuburg ist – wie einem in der wunderbaren Oberen Altstadt eindrucksvoll vor Augen geführt wird – eine historische Stadt mit 30.000 Einwohnern eingebettet zwischen sanften Jurahöhen und dem Donaumoos als größtem Niedermoor Süddeutschlands.
Um die weitere Betriebssicherheit einer im Erdreich verlegten ca. 3 Kilometer langen Abwasser-Druckleitung aus den 1960er Jahren zu gewährleisten, sollte in ausgesuchten Abschnitten eine Prüfung und Detektion auf Materialschwächung bzw. Wanddickenminderung durchgeführt werden. Dabei handelte es sich um eine Haupt-abwasserleitung bestehend aus Grauguss. Durch das Rohr mit einem Innendurchmesser von 276 mm, einer Wanddicke von 12 mm und zusätzlicher Bitumen-Innenbeschichtung wird das Abwasser von einem Pumpwerk zur Kläranlage geführt.
Für diese Herausforderung gibt es kaum eine geeignete Prüfungsmethode. Einerseits soll das Rohr von Innen durchfahren werden, andererseits soll dabei gleichzeitig durch eine Beschichtung hindurch die Wanddicke des Grauguss-Materials bestimmt werden. Zum Einsatz kam die Magnet/Wirbelstrom-Prüftechnologie. Dafür wurde vor der Prüfung die entsprechenden Abschnitte von den über die Jahre entstandenen Ablagerungen mittels Wasserhochdruck und einer Kettenschleuder befreit. Nur so kann ein bestmögliches Prüfergebnis erarbeitet werden.
Bei der Magnet/Wirbelstrom-Prüftechnologie selbst handelt es sich um eine niederfrequente Wirbelstromprüfung, die sich einer Gleichfeldvormagnetisierung (Hysterese) überlagert. Ausgewertet wird die sich ändernde relative Permeabilität beim Auftreten von Fehlstellen. Zusätzlich wird zwischen Fehlstellen an der inneren und äußeren Rohrwand unterschieden. Voraussetzung für den Einsatz dieser Prüftechnologie sind ferromagnetische Materialien. Die Prüfung selbst kann auch durch nicht- oder geringleitfähige Beschichtungen hindurch erfolgen.
Nach nur zwei Tagen war eine komplette Wanddickenbestimmung mit zusätzlich visueller Betrachtung der ausgewählten Rohr-Abschnitte über eine Gesamtlänge von ca. 200 Meter mit dem Prüfungsroboter durchgeführt. Neben der Feststellung des aktuellen Zustandes der Rohrleitung diente das Ergebnis der Prüfung weiterhin als Basis für eine Lebenszyklusprognose.
Ein anderes Beispiel für die Anwendung dieser Prüftechnologie ist die Inspektion einer Rückkühl-Wasserleitung aus Stahl mit Innenbeschichtung einer Produktionsanlage der DOMO Caproleuna GmbH zur Herstellung chemischer Stoffe, beauftragt durch die InfraLeuna GmbH , Eigentümer und Betreiber der Infrastruktureinrichtungen auf dem Gelände der früheren Leunawerke in Leuna. Das Rückkühl-Wasserleitungsnetz besteht aus mehreren Kilometern unterirdischer Stahl-Rohre mit unterschiedlichen Durchmessern und Innenbeschichtungen (Zement, Bitumem). Bevor jedoch der Großteil des Leitungssystems untersucht wird, sollte die Prüftechnologie an einer ca. 30 Meter langen Stahl-Rohrleitung mit Innendurchmesser 584 mm, Wanddicke 8 mm und einer ca. 5 mm dicken Bitumen-Innenbeschichtung getestet werden. Nach Beendigung der Inspektion und anschließender Dokumentation der Fehlstellen, wurde ein Leitungsabschnitt zum Nachweis der Messgenauigkeit ausgegraben und mit der Fehlerauswertung verglichen. Dabei wurde die Magnet/Wirbelstrom-Prüftechnologie voll und ganz auf ihre Anwendung bestätigt. Fortsetzung folgt…